Liebe Leser,
nachdem wir es zwei Monate ausgehalten haben, stand Ostern vor der Tür. Kita und Schule machten Pause und die Aussicht bei mehr als wechselhaftem Wetter zwei Wochen mit der Jugend die Tage im Haus zu verbummeln schien uns als Plan doch tatsächlich ausbaufähig. Doch was und wohin? Der allfällige Preisvergleich für Orte mit gesichert mehr als 20° war ernüchternd wie so oft, selbst Hotels auf den Balearen, Malta oder Zypern riefen Preise jenseits der 4.000 Euro – Marke auf für wenig mehr als Halbpension und ein Bett. Überseeziele überzeugten aufgrund ungünstiger Verbindungen und dem Jetlag für die Kinder auch nicht so recht. Also doch wieder Schiff? Wie dem geneigten Leser bekannt ist, bekannt ist, sind wir mit unserer „Stammreederei“ TUICruises derzeit in einem kleinen Rechtsstreit, deshalb fiel diese Marke aus. AIDA hatte für die gewünschten Reisedaten keine Routen im Programm, die uns neu gewesen wären. Guter Rat war also teuer. Mehr aus Reminiszenz, denn aus wirklicher Hoffnung hat der Urlaubspapa dann bei der vormaligen Stammreederei der Urlaubseltern, NCL (Norwegian Cruise Line) gestöbert. Die Flotte ist englischsprachig und war eine der ersten, die eine strikte Politik verfolgte und ausschließlich geimpfte Reisende zuließ.

Besondere Zeiten, besondere Schiffe…

Angenehm überrascht stellten wir fest, dass sich diese Haltung zwischenzeitlich geändert hatte und U12-Reisende wieder mit dem bereits bekannten Prozedere eines PCR Test 72h vor Abfahrt und einem PoC-Antigentest im Hafen an Bord willkommen waren. Noch angenehmer überrascht wurden wir von einer Route, die aktuell von der Norwegian Epic gesegelt wird. Die Epic ist ein besonderes Schiff, ein Unikat im wahrsten Wortsinn. Das Schiff wurde 2010 als Prototyp in den französischen SFX Werften konstruiert und fiel bei den meisten Reisenden in den weltweiten Gewässern gnadenlos durch. Dementsprechend wurden weitere Bestellungen storniert und das Schiffchen kreuzt seither vornehmlich auf bei europäischen Reisenden beliebten Routen, sprich im Frühjahr/Sommer eigentlich permanent im westlichen Mittelmeer.

Warum das so ist? Schwer zu sagen, vielleicht liegt es daran, dass es im ganzen Schiff kaum Ecken gibt, das gesamte Design ist wellenförmig geschwungen. Vielleicht weil es ganze Decks für Einzelreisende gibt, die auch noch eine eigene Bar / Lounge haben und sich so näher kommen können? Oder weil irgendein weintrunkener Architekt das Casino des Schiffes vollflächig auf das zentrale Durchgangsdeck 6 gebaut hat und man jedes Mal böse Blicke und hektische Gesten vom Croupier erntet, wenn der Nachwuchs auch nur länger als drei Sekunden fasziniert auf die Roulettekugel blickt (weil das ja nur für ü18 erlaubt ist)? Nun, sie sehen, es gibt einiges, was sehr speziell an diesem Schiff ist.

Trotzdem, wir mögen NCL. Das Motto „Freestyle Cruising“ entspricht unserem Lebensgefühl sehr stark, das amerikanisch-internationale Publikum hat den Stock nicht im A****, sondern nur fürs Nordic Walking in Europa und die Crew ist ein Stück weit gelassener, weil die Klientel weder deutsche Gründlichkeit noch Instandhaltung erwartet.

Aber was ist mit der Bordsprache?

Zugegeben, das Thema hat uns auch beschäftigt. Der KidsClub, hier SplashAcademy genannt, besteht außerhalb der Hochsaison ausschließlich aus englischsprachigem Personal, Kind 1 ist noch zwei Jahre vom ersten Schulenglisch entfernt aber hey, mit Händen und Füßen wird das schon gehen. Nachdem auch diese Bedenken also beseitigt waren hieß es „buchen“.

Die Fakten zur Reise

Schiff: Norwegian Epic

Route: Barcelona – Ajaccio – Neapel – Civitavecchia (Rom) – Livorno (Pisa/Florenz) – Cannes – Palma de Mallorca – Barcelona

Kabine: Club Balcony Suite – in etwa vergleichbar mit einer JuniorSuite auf MeinSchiff

Reisepreis für 4 Personen: 2.706 Euro ohne Flug (inkl. 2x 150MB WiFi, 2x Spezialitätenrestaurants, alkoholisches Getränkepaket (bis 15 USD), Ausflugsguthaben 50 USD pro Hafen)

Corona-Regularien: Alle Gäste ab 18 Jahren benötigen einen vollen Impfschutz samt Booster, Kinder und Jugendliche über 12 jeweils die empfohlenen zwei Dosen. Jüngere Kinder benötigen einen negativen PCR-Test der nicht älter als 3 Tage sein darf (wobei NCL nicht in Stunden, sondern Kalendertagen rechnet). Für alle Gäste ist ein obligatorischer Schnelltest am Hafen vorgesehen, an Bord selbst finden keine Tests mehr statt.

An-und Abreise: Wir hatten uns gegen eine Anreise nach Barcelona per Charter entschieden, weil wir noch einen Voraufenthalt in Barcelona eingeschoben haben. Statt dessen sind wir mit Lufthansa und Austrian Airlines via Wien gemütlich für 1.504 Euro geflogen und haben dank PriorityPass die Wartzeiten gemütlich in der Lounge verbracht.

Unterkunft in Barcelona: AC Victoria Suites
Das Hotel liegt in einer etwas urbanen Lage ungefähr 20 Fahrminuten von den wesentlichen Sehenwürdigkeiten entfernt (in jede Richtung), eine Metrostation ist fußläufig in ca. 10 Minuten erreichbar. Mehr dazu folgt noch in einem anderen Artikel über die von uns bevorzugten Hotels bei Städetrips.

Leinen los? Ja, nein?, doch! vielleicht?

Hafen Barcelona: Nach zwei entspannten Tagen in Barcelona bestiegen wir gegen Mittag des Anreisetages ein Taxi um uns pünktlich zum vorab verpflichtend gebuchten Anreisezeitfenster einzufinden. Angekommen erlebten wir aber unser blaues Wunder, der üblicherweise seit 09:00 Uhr geöffnete Check-In war in Folge technischer Probleme geschlossen (man muss dazu sagen, es war die erste Abfahrt der Saison in Europa, das Schiff kam gerade am Vorabend von der Transatlantikroute und der Dienstleister vor Ort war dezent überfordert). Die Schlange waren so episch wie der Schiffsname und die Laune der wartenden wäre mit erhitzt (bei 25° in praller Sonne) wohl nur unzureichend charakterisiert. Zum Glück für uns gibt es bei NCL eine Priority Queue für Kinder bis 5 Jahre, so dass wir einer mindestens zweistündigen Hitzeschlacht entgehen konnten und mit nur 20 Minuten Verspätung zum zwischenzeitlich gestarteten Check-In durften. Es folgte das übliche Prozedere, Pass, Impfausweis, PCR Testergebnis, Foto für die Bordkarte und erhalt der selbigen und dann, willkommen an Bord.

Club Balcony Suite und Blick vom Balkon

Die Suite selbst war ungefähr 20m² groß und mit 4 Personen maximal belegt. Hier erkennt man schon die Abneigung der Designer gegen Ecken, das gesamte Zimmer ist geschwungen. Der Sanitärbereich ist ebenso speziell, das Waschbecken befindet sich im Zimmer während die Dusche links von der Eingangstür und das WC rechter Hand mit semitransparenten (Milchglas)Scheiben abgesondert ist. Neben einer Flasche Prickelwasser ist für Suitengäste eine Waschladung pro Reise nach eigenem Gusto inkludiert, ebenso kostenlose Kaffeekapseln nach Bedarf.

Das Schiff selbst hat 15 Decks, 2 Hauptrestaurant, ein Buffetrestaurant, diverse Spezialitätenrestaurant (aufpreispflichtig) vom US-Steakhaus über ein brasilianisches Rodizio, weiter zum Teppanyaki nach Japan und schlussendlich (weil für den US Markt konzipiert) ein italienisches Restaurant für Pizza und Co. Dazu kommt, für die Zeiten in denen das Buffetrestaurant geputzt wird eine Art Bar-Grill auf dem Pooldeck, wo sich 6 Whirlpools um zwei Pools schlängeln und angenehme Abkühlung verschaffen (Wasser bei rund 25°/32° im Whirlpool). Dazu kommen noch mehrere Rutschen, eine Minigolfanlage (bei Seegang sehr lustig) und das allfällige Arcade-Center mit Daddelautomaten und AirHockey. „Unter Deck“ findet man den Kinderclub, hier Splash Academy genannt, einen Teensclub zum chillen gibt es neben dem Arcade-Center.

Für Erwachsene gibt es einen großen Spa, die Preise dort haben es aber, typisch angelsächsischer Markt, in sich. Für eine Stunde Therapie legt man mindestens 149 US-Dollar hin zzgl. Trinkgeld hin, nach oben kennt der Preis fast kein Limit. Das Fitnessstudio hält locker mit jeder Anlage an Land mit, eine verkauforientierte Kunstmaklerin und eine kleine Shoppingwelt sind ebenfalls an Bord zu finden. Hauptattraktion ist zweifelsohne das Theater, welches sich im Bug über zwei Decks erstreckt und im Gegensatz zu AIDA und MeinSchiff echtes Entertainment bietet. Echt in dem Sinne, als dass die Shows meistens Spin-Offs von erfolgreichen Broadway Produktionen sind, das Team aus mehr als 20 Künstlern besteht und die Shows nicht in 45 Minuten runtergebetet werden. Hier sind die amerikanischen Anbieter der deutschen Konkurrenz Lichtjahre weit enteilt. Die Bars sind vielfältig und im gesamten Schiff zu finden, ein besonderes Highlight ist die Eisbar, die in der Galerie gezeigten Bekleidungsvorschläge sollten dort drinnen unbedingt befolgt werden.

Die Stopps entlang der Reise:

Ajaccio, Korsika, Frankreich:

Der erste Halt nach Barcelona. Wir erreichen die Insel bei Kaiserwetter, der Hafen liegt direkt in der Stadt. Ajaccio ist im Vergleich zu Bastia klein, fast dörflich. Viel angeboten wurde saisonal bedingt bei unserer Anlandung noch nicht, wir haben uns für eine ca. einstündige Panoramafahrt durch Stadt und Küsten(hinter)land entschieden und es nicht bereut. Im offenen Doppeldecker sieht man viel vom korsischen Einschlag, wundervolles Meer und auch wochentags durch Einheimische belebte Strände. Wir haben uns danach in der Brasserie 58 in der Altstadt niedergelassen und den Kindern echte französische Crêpes spendiert. Danach noch schnell in den lokalen Supermarkt und die obligatorischen Fotos machen und schon ging die Reise auch schon wieder weiter.

Neapel, Italien:
Neuer Tag, neues Land. Diesmal also Neapel. Unser erstes Mal hier. Die verabredete Stadtführung mit einer Studienkollegin aus Erasmuszeiten wurde vom Coronavirus blockiert, also sind wir mit ein paar Hinweisen zur besten Pizza der Stadt und Geheimtipps alleine losgelaufen. Am Ende des Tages sind wir mit den Kindern 11 km zu Fuß in dieser Stadt unterwegs gewesen, haben verschwiegene Klostergärten besucht, alte Seefestungen bewundert und bei Gino Sorbillo die wohl authentischste Pizza der Stadt gegessen (man sagt, der Fladen wurde von seinen Vorfahren erfunden).

Civitavecchia, Italien (Rom):

Vermutlich das Highlight jeder Italienreise. Die Kreuzfahrtschiffe legen rund 70km vor der Stadt an, man kann neben organisierten Touren auch für knapp 100 Euro einen reinen Transfer vom und zum Schiff bis nach Roma Termini buchen. Auch gibt es im Hafenbereich Taxen, die dererlei für 70 Euro je Richtung anbieten. Wer etwas wagemutiger ist, so wie wir, vertraut sich den italienischen Eisenbahnen an (TrenItalia). Per Shuttle geht es für 3 Euro vom Fährhafen zur Stazione, dort für 6,70 Euro pro Erwachsenem (Kinder bis 12 Jahre frei) mit dem Regionalexpress in 58 Minuten in die Stadt. Wir sind nach 40 Minuten am Vatikan (Station San Pietro) bereits aus- und dort in den schnellen Dip von Rom eingestiegen.

Unsere Route, die zeitlich gut aufgegangen ist: Start im Vatikan, Petersdom plus Grab des Apostels – Spaziergang zur Piazza del Popolo und über den Tiber – mit dem Bus zum Parthenon und weiter zum Trevi Brunnen – zur spanischen Treppe und weiter zum Colosseum (nur von außen) von dort in die Metro zum Bahnhof Roma Ostiense und zurück zum Schiff. Dazwischen gab es Stärkungen durch warmes (aber nichts besonders empfehlenswertes) und kaltes (Café Elisa, siehe Bilder) Mahl.

Lifehacks:

  • kommt man mittwochs in den Vatikan (wie wir), kann man erst nach der Generalaudienz, ab ca. 12:30 in den Petersdom. Wartezeit war für uns daher ca. 40 Minuten, der Eintritt ist frei, lasst Euch nichts anderes aufschwatzen.
  • Bus- und Metrotickets gibt es nicht an Bord und auch nicht am Automaten. Die meisten Supermärkte und Kioske verkaufen aber welche.
  • Zwischen ca. 11 und 14 Uhr kommt der Regionalverkehr ins Umland bei TrenItalia zum erliegen, die Pendlerverkehre setzen erst danach wieder ein, wichtig, wenn die Boardingzeit am Ende drückt.
  • viele Brücken am Tiber haben einen Abstieg zum Ufer, lasst Euch das nicht entgehen und wandelt auf Cäsars Spuren (auch wenn es nicht der Rubikon ist).

Pisa, Italien:

Kommt man in Livorno an, hat man im Prinzip zwei Möglichkeiten: Entweder ins nahe Pisa mit seinem schiefen Turm, ca. 25km oder 75km weit ins Land hinein und ins sagenhafte Florenz entschwinden. Da es der einzige Regentag auf unserer Reise war, haben wir uns für das Nahziel entschieden und sind nach Pisa gefahren. Wieder haben wir uns dem Zug anvertraut, wieder waren wir für weniger als 10 Euro als Familie in knapp 20 Minuten am Ziel angekommen. Pisa hat Automaten für Bustickets, wir haben ein Tagesticket erworben, was auch gut war, denn es wurde streng kontrolliert.

Einen echten Plan für die Stadt hatten wir uns nicht gemacht, also sind wir mit dem Bus zum Turm gefahren, haben die obligatorischen Fotos gemacht und dann Eintrittskarten (kostenlos) für die Kirche gelöst. Bis zum Slot war noch etwas Zeit also sind wir zu Fuß in die Altstadt und haben uns in einer Seitengasse mit norditalienischem Essen verköstigen lassen, ein Genuss. Danach noch etwas lustwandeln und schon ging es zurück aufs Schiff, der nächste Hafen rief schon.

Cannes, Frankreich:

Zurück in Frankreich hieß es tendern, denn das Schiff ist einfach zu groß um zwischen die Yachten der Superreichen zu passen. Um nicht mit Abfahrtszeiten und anderen Dingen Probleme zu bekommen, hatten wir hier den einzigen von NCL organisierten Ausflug gebucht und sind eine Parfümerie besichtigen und danach in die mittelalterliche Festungsstadt St. Paul de Vence gereist.

Die Parfümerie ist, wie viele sicher schon vermutet haben, eine mehr oder minder reine Marketingshow. Man sieht ein wenig von der Produktion und darf diese dann am Ende kaufen. Wir haben uns gegen Parfums entschieden und den Kindern je eine Seife zu 6 Euro gegönnt, somit waren alle Seiten zumindest ein wenig zufrieden. St. Paul du Vence hatte den Urlaubspapa schon bei der Buchung gelockt, als Historiker mag er alte, befestigte Städte. Der Ort, touristisch geprägt aber sehr hübsch, hielt dann auch, was er in Aussicht gestellt hatte und die Kinder hatten Spaß daran, auf den ehemaligen Stadtmauern zu klettern. Mittagessen gab es aus einer kleinen Fromagérie am Platz, ehrliches Essen, lecker und sättigend.
Für die Tour empfiehlt sich allerdings ein robuster Magen und viel Vertrauen in die Fahrkünste französischer Busfahrer, es geht nur über Serpentinen nach oben, das ist bestimmt nicht jedermann Sache.

Mallorca, Balearen, Spanien:

Okay, das wird nun wirklich kurz, der Text ist sowieso schon wieder episch. Wir kennen die Stadt, wollten nichts besonderes sehen und sind daher mit dem Taxi vom Hafen zur Passeig Born, Mittagessen und dann ab auf den Spielplatz. Bis zum Mittag waren noch Unwetter auf der Insel, als wir kamen klarte es auf, am Strand gab es trotzdem Böen von bis zu 60 km/Stunde, da haben wir auf das Peeling dort dankend verzichtet. Wer mehr über Mallorca und die ToDo wissen will schaut gerne einmal in unsere anderen Beiträge.

Barcelona, Spanien:

Heimwärts hieß es nun, nachdem wir am morgen gegen 06:00 Uhr festgemacht hatten. Wir verließen das Schiff gegen 9 Uhr, mit dem Taxi ging es zum Flughafen. Bis zum Rückflug um 13:00 Uhr hatten wir noch etwas Zeit für die Lounge vor Ort, am Ende waren wir wieder pünktlich in Berlin (diesmal mit Umstieg in Frankfurt). Und so endet dann auch dieser Bericht. Vielen Dank für die (erschöpfende) Aufmerksamkeit und bis bald.

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